Der Vertrieb eines Neubauprojekts unterscheidet sich wesentlich vom Verkauf gebrauchter Einzelobjekte. Unsere Tipps geben Ihnen einen Überblick über die üblichen Phasen innerhalb der Vermarktungszeit.
Der Vertrieb eines Neubauvorhabens unterscheidet sich in vielfacher Hinsicht vom Verkauf gebrauchter Einzelobjekte. Ein wesentlicher Unterschied liegt in der Tatsache, dass zum Zeitpunkt des Vertriebsstarts häufig noch keine physische Wohnung vorhanden ist und lediglich das reine Bauversprechen verkauft wird.
Dieser Artikel soll Ihnen dabei helfen, sich an den Vertrieb von Neubauprojekten heranzutasten. Von den “alten Hasen” im Neubauvertrieb freuen wir uns auf den Austausch zu Ihren Erfahrungen und Anregung zu weiteren Themen.
Vertriebsstart
Investoren, Bauträger, Planer, Gestalter, Stadtverwaltung, Notar und Sie, der Vertrieb, sitzen wochen- bis jahrelang an der Planung und Vorbereitung zur Realisierung eines neuen Bauvorhabens. Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem Sie verkaufbare Pläne vor sich haben. Jetzt kommen Sie zum Einsatz: Die Wohnungen sind bereit für den Markt. Dank einer optimalen Planung (s. Vermarktungsstrategie) können die einzelnen Wohneinheiten an den Mann bzw. die Frau gebracht werden.
Beginn dieser Phase: 3-6 Monate vor Baubeginn.
Was benötigen Sie um das Vorhaben zu präsentieren? Welche Medien liegen Ihnen bestenfalls vor? Visualisierungen und virtuelle 3D-Rundgänge, eine aussagekräftige Broschüre oder ein physisches Modell des Hauses samt seiner Außenanlagen können Kaufinteressenten dabei helfen, sich ein Bild vom Vorhaben zu machen.
Besichtigungen können in Ihr Büro verlegt werden oder in einem schön gestalteten Baucontainer vor Ort stattfinden. Eine weitere Möglichkeit ist die Anmietung eines Büros als Showroom in Nachbarschaft zum Bauvorhaben. Hier können neben Beratungsgesprächen auch Bemusterungstermine in einer eigenen Ausstattungsausstellung wahrgenommen werden.
Das Ziel dieser Vertriebsphase ist das Erreichen der sog. Vorverkaufsquote, die erfahrungsgemäß bei 30-40% des Gesamtvolumens liegt. Denn nur wenn eine bestimmte Anzahl an Wohnungen in einer bestimmten Zeit verkauft wurde, gibt die finanzierende Bank das grüne Licht für die Auszahlung des bauhabenbezogenen Darlehens.
Der Vorteil für Käufer in dieser Phase: Durch das Risiko, dass das Bauvorhaben nicht zustande kommt beispielsweise durch das Versagen der Baugenehmigung oder das Nichterreichen der Vorverkaufsquote, können die günstigsten Preise erzielt werden. Viele Bauträger bieten Vorzugspreise als sog. “Pre-Sale”-Preise” an. Diese können gut und gern bei 10% liegen.
Baubeginn
Das Zittern hat ein Ende: die Vorverkaufsquote wurde erfüllt und die Baugenehmigung wurde erteilt. Die Baustelleneinrichtung ist abgeschlossen und die ersten Bagger rollen über das Grundstück.
Häufig ist diese Phase mit Einbußen in der Verkaufsperformance verbunden. Der Markt kennt das Bauvorhaben, die ersten Interessierten haben bereit zugeschlagen, andere warten noch auf Finanzierungszusagen oder sind unsicher, ob das Bauvorhaben wirklich realisiert wird, andere kennen ihr Projekt noch nicht oder sind gerade noch nicht auf der Suche oder trauen sich einfach nicht ran.
Lassen Sie sich hiervon nicht aus der Bahn bringen. Diese Phase ist ganz normal und gehört dazu, das ist quasi ungeschriebenes Gesetz. Ihr Marketing darf jetzt keinesfalls aufhören sondern auch hier muss die nächste Stufe eingeleitet werden. Denken Sie über ein Event nach, wie beispielsweise einer Einladung zur feierlichen Grundsteinlegung und Vergraben einer Zeitkapsel, das Anlegen eines Bautagebuchs mit Bildern der Baustelle und Beschreibung der aktuellen Arbeitsschritte oder eines Livestreams auf die Baustelle. Sprechen Sie alle Interessenten an, die anfangs noch skeptisch waren oder sich nicht herangetraut haben.
Übrigens: Hier findet nach “Pre-Sale” der Sale an. Die erste Preiserhöhung in dieser Phase bedeutet für Käufer bereits die erste Wertsteigerung. Auf Papier, ohne Wohnung.
Rohbaufertigstellung
Die Wohnungen sind noch nicht fertig, aber der Rohbau steht. Super! In dieser Phase gibt es häufig einen enormen Push in der Verkaufsperformance. Die Fertigstellung der Wohnungen rückt näher, man kann bereits durch die künftigen vier Wände laufen und die Wohnungen werden einfach greifbarer. Kein Papier, sondern Räume aus Stahl und Beton (oder Holz…).
Ein guter Zeitpunkt die nächsten Marketingraketen zu zünden: Wie wäre ein weiteres Event und das Richtfest auch vertriebsseitig mit auszurichten? Bilder der Wohnungsausblicke zu machen um das Wohngefühl greifbarer zu machen? Besichtigungen wirken sich übrigens auf der Baustelle unter Umständen verkaufsfördernd aus. Vielleicht kann der Bauträger sich vorstellen, den Ausbau einer bestimmten Wohnung vorzuziehen und eine Musterwohnung zu erstellen?
Auch zu diesem Zeitpunkt sind weitere Preissteigerungen möglich. Auch hier gilt: Preissteigerungen sind für Käufer Werterhöhungen, Dank der Zeit.
Fertigstellung
Im besten Fall sind Sie in dieser Phase bereits vollständig ausverkauft. Vielleicht auch noch nicht – dafür gibt es keine Faustregel. Auch wenn es manchen schwer fällt: lassen Sie Ihre Motivation nicht sinken! Die Vorteile in dieser Vertriebsphase liegen eindeutig in diesen Punkten:
- Wohnungen sind sofort (oder in Kürze) bezugsfertig
- Kaufpreise sind endfällig zu zahlen (keine MaBV-Raten)
- Echte Fotos und Videos ersetzen Visualisierungen und geben ein anderes Feeling
- Regelmäßige Besichtigungsangebote oder sog. Open-Door-Veranstaltungen sind erst jetzt möglich
- Einige finanzierende Banken werden nun erneut begutachten können und so können einige “Wackelkandidaten” die Kaufoption wahrnehmen
- Das Projekt wird nun auch für Kapitalanleger attraktiv: Mietprognosen können realistisch abgegeben werden und der Mieter kann kurzfristig einziehen. Vielleicht sogar auf bestimmte Ausstattungswünsche Einfluss nehmen zu dürfen
Auch hier kann gut und gern eine weitere Preissteigerung ins Haus stehen: Wertsteigerungen von 30-40% innerhalb von 24 Monaten Vermarktungszeit sind in vielen Großstädten absolut üblich!